Vergangene Nacht war es endlich soweit. Die wohl bekannten und heiß begehrten Academy Awards, oder besser gesagt, der Oscar ging zum 85. Mal an den Mann und die Frau.
Doch zunächst gab es das alljährliche Aufwärmprogramm mit Steven Gätjen am roten Teppich. Und er eröffnet den Regen mit einer Deutschlektion für Jessica Chastain, welche jetzt weiß, dass man zur (abendlichen) Begrüßung „Guten Abend“ und nicht „Gute Nacht“ sagt. Danke Steven, wenn wir dich nicht hätten. Nur schade, dass wir nicht in den Genuss gekommen sind, Anne Hathaway auf dem Teppich zu begrüßen. Denn extra für diesen Anlass haben Anne und Steven das Codewort „Schnitzel“ ersonnen, um sich nicht zu verpassen. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr.
Kerry Washington findet es bei etwa 20 °C in L.A. noch zu kalt und will Steven das Jackett abluchsen. Aber gekonnt lenkt unser aller Lieblingsteppichmoderator vom Thema ab und spielt auf Kerrys Deutschkenntnisse an, die sie sich so hart für „Django – Unchained“ angeeignet hat. Aber das scheint nicht ihr Lieblingsthema zu sein und sie gibt mit einem Lächeln eine doch etwas verschüchterte Gesangseinlage mit dem Titel „Der Mond ist aufgegangen“, bevor sie sich davonmacht.
Und ganz nebenbei wird Charlize Theron irgendwie zum „Running Gag“, weil sie 3-mal auf dem roten Teppich am deutschen TV-Team und Steven vorbei läuft. Und immer noch hält Steven Ausschau nach Anne, die sich jedoch einfach nicht sehen lässt. Dabei beweist er ein gutes Auge und entdeckt Catherine Zeta-Jones und Michael Douglas. Beide erscheinen entgegen aller Trennungsgerüchte nun doch gemeinsam.
Aber es gibt noch weitere Besonderheiten und in gewisser Weise Premieren, die uns dieses Jahr erwarten. So ist zum Beispiel Quvenzhané Wallis mit 9 Jahren die jüngste Nominierte, Joseph Gordon Levitt nimmt das erste Mal an den Oscars teil und war furchtbar aufgeregt, Dustin Hoffman zu treffen. Daniel Radcliffe ist ebenfalls frisch und ein Neuling auf dem roten Teppich.
Nahezu ebenso jungfräulich eröffnet Seth MacFarlane um 2:30 Uhr, MEZ, die 85. Oscar-Verleihung in erwartet komischer Manier. So stellt er die Favoriten unter den Nominierten vor. Doch bevor es zur ersten Kategorie kommt, erhält Seth unerwartete Unterstützung von Capt. Kirk, der sich eigens aus der Zukunft einschaltet und noch ein paar nützliche Benimmregeln aufstellt. Zum Glück scheint der Gastgeber schnell zu lernen und damit kann der Abend beginnen.
Zum ersten Mal steht der Oscar unter einem Motto „50 Jahre James Bond“. Und wie ein echter Bond-Film wartet die Show mit erstklassiger Besetzung ab der ersten Sekunde auf. Angefangen bei Auftritten von Dame Shirley Bassey, über die diesjährigen Laudatoren, die im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich hochkarätiger erscheinen, bis hin zu den lückenfüllenden Performances des „Chicago“-Casts oder gar des „Les Miserables“-Ensembles. Obwohl der Auftritt Barbra Streisands vielleicht doch ein Tick zu viel des Guten ist, aber das ist Hollywood. Alles in allem erleben wir eine extrem kurzweilige, unterhaltsame und vor allem mal wieder spannende und zum Teil sogar überraschende Oscar-Nacht.
Überraschend vor allem auch deshalb, weil das vergangene Filmjahr sehr viele Favoriten auf die Leinwand gebracht hat und alle Beteiligten, allen voran natürlich die Riege der Schauspielgilde, eine großartige Leistung erbracht haben.
So starten wir mit den Nebendarstellern. Zur Freude aller, die darauf gewartet haben, Christoph Waltz macht das Rennen. Dr. King Schultz ist einfach unschlagbar. Christoph, wir sind stolz auf dich!
An seine Seite gesellt sich Anne Hathaway, die die Trophäe für die beste Nebenrolle in „Les Misérables“ ihr Eigen nennen darf. Wer hätte damit gerechnet, als sie einst Meryl Streep in „Der Teufel trägt Prada“ im Regen stehen ließ?
Und während die Redaktion noch rätselt, ob René Zellweger bekifft ist, reißt Seth schon wieder den nächsten Witz. Daher geht es fast im Lachkrampf unter, dass Michael Hanekes „Amour“ mit dem Award für den besten fremdsprachlichen Film ausgezeichnet wird und damit den Zweierpasch für Österreich komplettiert. Und plötzlich sind wir auch schon bei den wichtigsten Kategorien angelangt.
Jean Dujardin präsentiert den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle und überreicht den Preis an Jennifer Lawrence für ihre Rolle in „Silver Linings“. Vor Fassungslosigkeit verliert sie kurzzeitig die Konzentration und stürzt auf halbem Weg auf der Treppe zum Podium. Eine flüchtige Schrecksekunde. Gleich ist wieder alles gut. Da zeigt einmal mehr, dass Hollywoodstars auch nur Menschen sind.
Meryl Streep bedarf im Grunde keiner weiteren Ankündigung. Denn sie spricht wie gewohnt für sich selbst und präsentiert auch gleich die Nominierten für die beste männliche Hauptrolle, aus denen Daniel Day-Lewis als Gewinner für seine Darstellung Abraham Lincolns hervorgeht und die goldene Statue in seiner Dankesrede seiner Mutter widmet. Das ist übrigens gleichzeitig ein Rekord, denn Mr. Day-Lewis ist damit der erste Darsteller der 3 Oscars in einer Kategorie sein Eigen nennt.
Und als wäre die gesamte Show noch nicht glamourös genug, setzt die letzte Kategorie noch einen drauf. Jack Nicholson übergibt das Wort an Michelle Obama, die die Nominierungen für den besten Film des Jahres aus dem Weißen Haus kommentiert, bevor Jack seine Laudatio fortsetzt und anschließend von der First Lady den Gewinner verkünden lässt: „Argo“ sahnt als Überraschungssieger den begehrten Goldjungen ab.
Damit endet der Abend, oder besser noch, die Nacht der Nächte mit der Gewissheit, alles ist möglich. Und unterm Strich und ganz klammheimlich schwimmt „Life of Pi“ mit 4 Oscars in den Nebenkategorien an die Spitze der diesjährigen Preisträger. Auf dem zweiten Platz landen „Argo“ und „Les Misérables“ mit je 3 Academy Awards, „Lincoln„, „Django – Unchained“ und „James Bond 007 – Skyfall“ erhalten je 2 Goldjungs und sind damit an dritter Stelle. „Skyfall“ schafft damit das, was in 50 Jahren kein Bondfilm geschafft hat. Zum ersten Mal gewinnt ein Bond-Song. Auch gab es seit 1964 mit „Goldfinger“ keinen Teil des Franchise, der am Ende des Abends zwei Oscars mitnahm. Da hat sich das Motto doch gelohnt.
Und hier sind noch mal für die Wissbegierigen alle Gewinner der 85. Verleihung der Academy Awards (in fast chronologischer Reihenfolge):
Performance by an actor in a supporting role
• Christoph Waltz in „Django Unchained“
Achievement in visual effects
• „Life of Pi“ Bill Westenhofer, Guillaume Rocheron, Erik-Jan De Boer and Donald R. Elliott
Best animated short film
• „Paperman“ John Kahrs
Best animated feature film of the year
• „Brave“ Mark Andrews and Brenda Chapman
Achievement in cinematography
• „Life of Pi“ Claudio Miranda
Achievement in costume design
• „Anna Karenina“ Jacqueline Durran
Achievement in makeup and hairstyling
• „Les Misérables“ Lisa Westcott and Julie Dartnell
Best live action short film
• „Curfew“ Shawn Christensen
Best documentary short subject
• „Inocente“ Sean Fine and Andrea Nix Fine
Best documentary feature
• „Searching for Sugar Man“
Best foreign language film of the year
• „Amour“ Austria
Achievement in sound mixing
• „Les Misérables“ Andy Nelson, Mark Paterson and Simon Hayes
Achievement in sound editing
• „Skyfall“ Per Hallberg and Karen Baker Landers
• „Zero Dark Thirty“ Paul N.J. Ottosson
Performance by an actress in a supporting role
• Anne Hathaway in „Les Misérables“
Achievement in film editing
• „Argo“ William Goldenberg
Achievement in production design
• „Lincoln“ Production Design: Rick Carter; Set Decoration: Jim Erickson
Achievement in music written for motion pictures (Original score)
• „Life of Pi“ Mychael Danna
Achievement in music written for motion pictures (Original song)
• „Skyfall“ from „Skyfall“ Music and Lyric by Adele Adkins and Paul Epworth
Adapted screenplay
• „Argo“ Screenplay by Chris Terrio
Original screenplay
• „Django Unchained“ Written by Quentin Tarantino
Achievement in directing
• „Life of Pi“ Ang Lee
Performance by an actress in a leading role
• Jennifer Lawrence in „Silver Linings Playbook“
Performance by an actor in a leading role
• Daniel Day-Lewis in „Lincoln“
Best motion picture of the year
• „Argo“ Grant Heslov, Ben Affleck and George Clooney, Producers