„Doch ich wusste, dass dieser Film eine wichtige Botschaft hat, die von allen Menschen geteilt wird:
die Achtung menschlicher Würde.“
Ein Spiegel in einem Londoner Kaufhaus. Getümmel wie im Sommerschlussverkauf. Eine junge Frau in ein Gewand gehüllt nimmt ein Kleid von der Stange und hält es sich vor, um ihr Spiegelbild zu betrachten. Eine Verkäuferin kommt angelaufen. „Ladendiebstahl ist sinnlos. Die Security ist gleich da.“ Das Kleid fällt und die Frau läuft davon.
Irgendwo in der Wüste. Ein Kitz wird geboren. Während die Mutter reglos liegen bleibt, wird die junge Ziege sofort in sorgsame Kinderarme geschlossen und weggetragen, um es vorzuführen.
Im Innern einer Kabine in einer öffentlichen Toilette. Sorgfältig packt die junge Frau in dem Gewand ein in Alufolie gehülltes Etwas aus und öffnet es mit der gleichen Sorgfalt. Zum Vorschein kommt ein Pass. Die Außentür wird geöffnet und die Verkäuferin kommt hereingestürmt. Tränenüberflutet geht sie auf die Kabine zu und öffnet die Tür und erschrickt. „Ich hole die Security. Verstehst du? Security!“ – „Security“, wiederholt die Frau im Gewand mit gebrochenem Akzent. „Heute ist ihr Glückstag“, fügt sie mit dem gleichen Akzent hinzu und lächelt. „Was?“, sagt die Verkäuferin und runzelt die Stirn … „Das wüsste ich aber.“
Wüstenblume wurde adaptiert und in Szene gesetzt von Sherry Hormann („Irren ist männlich“; „Männer wie wir“, „Leise Schatten“). Der Film basiert auf der Autobiografie von Waris Dirie einem Topmodel, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die grausame Tradition der Frauenbeschneidung zu bekämpfen. Sie selbst wurde als Kind Opfer dieser Tat. Sie selbst hat lange Zeit damit gelebt, als wäre es normal. Bis ihr die Augen geöffnet wurden. An dieser Szene im Film bleibt man das erste Mal wirklich hängen. Das beeindruckende Schauspiel und der Bildwechsel sind in dieser Kombination nahezu phantastisch und unglaublich realistisch dargestellt. Großes Kino, wirklich. Doch so dramatisch der Film auch das Leben und den Weg der Waris Dirie vom Nomadenkind zur UN-Sonderbotschafterin darstellt, ebenso gibt es zahlreiche witzige Momente, welche die Balance zur Tragik schaffen. Das ist durchaus beachtenswert, wird buchstäblich oft mit zu viel Drama hantiert und ein Film dadurch zum Desaster.
Die Hauptdarstellerin Liya Kebede, ein in den USA sehr bekanntes Top Model, spielte bereits kleinere Rollen in „Lord Of War“ und „The Good Shepherd“. Sie ist wie geschaffen für die Figur der Waris. So scheint es fast, als spiele sie nicht nur eine Rolle; sie ist die Rolle. Für eine so gut wie unerfahrene Darstellerin, ist das im Höchstmaß beeindruckend.
Neben schauspielerischem Können glänzt dieser Film aber ebenso durch die wunderschönen Landschaftsaufnahmen Afrikas. Die Liebe zum Detail ohne sinnlose Beschönigung wird hier fast in jeder Szene deutlich. Man merkt auch ganz genau, dass dieser Film nicht verurteilen soll. Er soll eher aufklären und in seiner Geschichte zeigen, dass es noch eine andere Welt gibt, die nicht der westlichen Welt angepasst ist. Eine Welt, die in Traditionen gefangen ist. In welcher der Glaube so stark ist, dass man Unrecht nicht mehr erkennt. Eine Welt, die so fern scheint, aber dennoch da ist. Eine Welt, in der es auch nach Jahren aktiver Arbeit dafür immer noch der Aufklärung bedarf.
Fazit: Dieser Film verdient aufgrund der beeindruckenden Leistung der Schauspieler, des gesamten Drehteams und der Herangehensweise an ein wirklich gefühlsaufwühlendes Thema eigentlich mindestens doppelt 5 Sterne. Noch nie gab es eine Biografie in einem derartig realistischen Maß auf der Leinwand zu sehen. Ein Muss für jeden und eine Empfehlung für alle. Es ist nahezu unverzeihlich diesen Film nicht zu sehen.
Quelle: sbo