Stadt Amstetten erkennt Adolf Hitler nach über 70 Jahren die Ehrenbürgerschaft ab

Für Kopfschütteln und ungläubige Gesichter sorgte am vergangenen Sonntag eine Meldung der Tageszeitung „Österreich“: Im Zuge der 900-Jahr-Feier der Kleinstadt Amstetten in Niederösterreich beantragten die österreichischen Grünen die posthume Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers, welche die Gemeindeverwaltung dem Diktator während seines Aufenthalts in der Stadt im Jahre 1939 verliehen hatte.

Zwar wurde bereits vor 15 Jahren im Zuge einer Gedenkausstellung damit begonnen, dieses dunkle Kapitel der Stadtgeschichte aufzuarbeiten – offiziell wurde der Name Hitlers als Ehrenbürger jedoch nie aus den Stadtarchiven gestrichen, da sich die damalige Stadtverwaltung mit einem Paragraphen begnügte, welcher besagt, dass jede zu Lebzeiten verliehene Ehrenbürgerschaft mit dem Tod des jeweiligen Trägers erlischt.

Im Zuge des verstärkten Medienechos seit dem Wochenende erklärte der Bürgermeister der 23.000-Einwohner-Stadt, Herbert Katzengruber (SPÖ), sich des Problems während einer spontan einberufenen Gemeinderatssitzung anzunehmen. Ziel der Versammlung sei es, den Ehrentitel Hitlers offiziell für „null und nichtig“ zu erklären. „Das wird eine Angelegenheit von zwei Minuten. Aber ich kann nicht allein entscheiden, das muss der Gemeinderat machen“ – so die Worte Katzengrubers gegenüber dem „Kurier“.

Zusammen mit dieser Diskussion ist auch ein weiteres Stück aus der NS-Vergangenheit der Stadt wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war der ehemalige SS-Offizier und NS-Landrat Paul Scherpon einige Zeit lang Vizebürgermeister der Gemeinde Amstetten. Scherpon galt in der Vergangenheit als glühender Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie und war bekennender Antisemit.

So schrieb er beispielsweise im Jahre 1944 in einem Brief an den damaligen Reichsstatthalter, dass er schlechte Erfahrungen mit dem Einsatz jüdischer Arbeitskräfte gemacht habe. Diese bezeichnete er in dem Schreiben als „Jammergestalten, deren Verpflegung unter dem Existenzminimum liegt“, und in der Bevölkerung „durchwegs nur Mitleid erregen“, was somit für den „antisemitischen Gedanken auf keinen Fall“ förderlich gewesen sei.

Zur Beendigung des aus seiner Sicht unhaltbaren Zustandes riet Scherpon: „Das beste wäre […] die Juden wieder abzuziehen und sie in einem Konzentrationslager ihren Bestimmungen zuzuführen.“

Drei Jahre nach seinem Tod wurde Scherpon dennoch zum Amstettener Ehrenbürger ernannt, auch legte die Stadt jedes Jahr zu Allerheiligen einen Kranz auf seinem Grab nieder. Es ist zu erwarten, dass die gegenwärtig geführten Diskussionen dazu führen werden, dass die Stadtverwaltung ihre Haltung in dieser Sache noch einmal überdenken wird.

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