S-Bahn-Chaos in Berlin hält weiterhin an

Auch knapp sechs Stunden nach dem Zusammenbruch des Berliner S-Bahn-Verkehrs (inforand berichtete) kann von Normalbetrieb noch immer nicht die Rede sein. Auch wenn bereits seit etwa 13 Uhr die ersten Züge in unregelmäßigen Abständen über die Gleise rollen, kam es am frühen Nachmittag immer wieder zu Verzögerungen und unplanmäßigen Zwischenstopps auf den Strecken. Polizeiangaben zufolge befanden sich um diese Zeit Fahrgäste auf dem Weg zur nächsten Station auf der Bahntrasse, nachdem sie sich per Tür-Notöffnung aus den stecken gebliebenen Waggons befreit hatten.

Die Berliner Volksseele ist aufgrund des neuesten Zwischenfalls der in den letzten Jahren von Pleiten, Pech und Pannen geradezu heimgesuchten S-Bahn regelrecht am Kochen – wahrscheinlich nicht völlig zu Unrecht. Über soziale Netzwerke machen viele Passagiere auf sarkastische Weise ihrem Ärger Luft: auf Twitter und Facebook häufen sich Kommentare wie „Wandertag in Berlin“ und „Nach dem Vorschlag der Piratenpartei, S-Bahn-Verkehr ohne Fahrschein einzuführen, gibt es jetzt S-Bahn-lose Fahrscheine – auch eine Idee.“

Auch der übrige Bahnverkehr wurde im Zuge des Berliner S-Bahn-Chaos in Mitleidenschaft gezogen: durch die Umleitung mehrerer Züge kam es heute auch im Regional- und Fernverkehr teilweise zu erheblichen Verspätungen, ursprünglich geplante Zwischenaufenthalte in Berliner Bahnhöfen wurden in einigen Fällen sogar ganz gestrichen. Durch den plötzlichen Ausfall haben auch andere Bereiche des öffentlichen Nahverkehrs mit starken Belastungen zu kämpfen, da ein Großteil der durchschnittlich 1,3 Millionen S-Bahn-Nutzer jetzt auf andere Verkehrsmittel angewiesen sind – überfüllte Busse und U-Bahnen und lange Warteschlangen an den Haltestellen sind am heutigen Tag in der Hauptstadt kein ungewöhnliches Bild.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) versuchen derweil weiterhin, dem Chaos durch gezieltes Krisenmanagement entgegenzuwirken. Fahrscheinkontrolleure und zusätzliches Personal informieren die Passagiere über Umsteigemöglichkeiten an den S-Bahn-Höfen, BVG-Sprecherin Petra Reetz gab bekannt: „Die Normalisierung des S-Bahn-Betriebes dauert sicher bis in die Abendstunden“.

Als Grund für den Zusammenbruch wurde von offizieller Seite zunächst ein Stromausfall während der Durchführung von Bauarbeiten im Stellwerk Halensee genannt, woran mittlerweile jedoch arge Zweifel aufgekommen sind. „Dass die gesamten Züge der S-Bahn durch einen einzigen Stellwerkdefekt ausfallen, ist kaum vorstellbar.“, so der Senator für Stadtentwicklung, Michael Müller (SPD). Laut offiziellen Angaben soll jetzt ein technischer Defekt während planmäßiger Wartungsarbeiten der Grund für das Erliegen des Bahnverkehrs gewesen sein.