Gonzo meets – Krieg und Frieden

Andreas Friske
Andreas Friske

Wer hat sich von ihnen nicht schon einmal die Frage gestellt, was unsere Welt wohl für ein wunderbarer Ort ohne Kriege wäre?

Sie wäre ein Ort der friedlichen Koexistenz. Das gelobte Land, in dem Milch und Honig fließen, oder so in etwa. Mir jedenfalls fällt diese Vorstellung reichlich schwer, denn hat man sich erst einmal mit der Geschichte der Menschheit beschäftigt, dann fällt einem auf, dass es das gegenseitige Abschlachten schon seit unserer Menschwerdung gibt. Die ersten menschlichen Skelette hatten Speerspitzen in sich stecken. Ist das Töten also ein menschliches Grundbedürfnis?

Sagen wir mal so: diese etwas zwielichtig anmutende Frage hat es schon in sich. Viele würden es auf den Faktor der Macht schieben, dies nach dem Motto Ist doch nicht unser Verdienst, wenn die Politiker Kriege führen!.

Doch der Faktor der Macht, der den Menschen zum Befehlshaber werden lässt, hat damit nur bedingt zu tun. Schließlich gibt es ja auch genügend Freiwillige, die zur Bundeswehr oder gar zur Fremdenlegion gehen und bereitwillig in Kauf nehmen, töten zu müssen, wenn es darauf ankäme. Wie kommt es also, dass Menschen freiwillig zur Waffe greifen und ihre Artgenossen töten?

Vielleicht weil wir nicht anders können? Nun, das wäre zu einfach. Man kann nicht etwas, das einen Makel darstellt, damit ablehnen dass man sagen würde, man könne nicht anders. Ich möchte jetzt auch nicht mit irgendwelchem total komplizierten philosophischen Geschwätz kommen, da mich diese Frage in der Tat beschäftigt, und ich sie mithilfe dieses Textes auch ein Stück weit selbst erklären will.

Es ist eine Glaubensfrage

Also halten wir mal fest. Der Mensch schlachtet seine Mitmenschen seit der Menschwerdung ab.

Zu Beginn dieser Kämpfe stand der einfache Faktor Nahrung. Es wurde getötet, wenn die Jagdgründe erschöpft waren. Später dann, als sich die antiken Gesellschaften ausgeformt hatten, wurde getötet um Imperien zu schaffen. Um Stärke und Macht zu demonstrieren und die Staatskassen aufzufüllen, was sich bis heute ja nur geringfügig verändert hat. Doch was mich dabei interessiert, ist in erster Linie, das kleine Rädchen, der einfache Soldat also, der einen Befehl blind ausführt, der ihm von denen gegeben wird, die sich die Finger nicht schmutzig machen wollen.

Warum also tötet dieser einzelne Mensch bereitwillig, setzt dabei sogar sein Leben aufs Spiel? Mit Mut hat es jedenfalls nur bedingt zu tun.

Wer sein Leben aufs Spiel setzt, der tut das ja nicht, weil es irgendwie cool sein will. Die Antwort muss also im menschlichen Verstand liegen.

Zu aller erst brauchen wir ein Feindbild, das uns das Gefühl gibt, dass wir die Guten sind. Und auch wenn es aberwitzig ist, so ist es eine ganz simple Erklärung dafür, warum wir dazu neigen die Welt in schwarz und weiß einzuteilen. Als nächstes muss man einer besonderen Sorte Mensch angehören. Es gibt schließlich ja nicht nur Soldaten und Killer unter uns, sondern auch Menschen, die niemals in ihrem Leben eine Waffe angefasst haben,jedoch eine Waffe im Kopf haben, genährt durch angestaute Aggressionen.

Was macht uns zum Killer?

Zucker im Weltall
Die Andromeda-Galaxie NGC 224 /CC
Die Vision von Macht und Stärke. Der Wille, auf der richtigen Seite zu stehen und Teil einer besseren Zukunft zu sein. Ja das ist es wohl. Wir bedürfen einer Weltanschauung, und je nach dem, ob jene Weltanschauung sich Waffen bedient, wird sie sich dann auch dementsprechend verwirklichen. Beispiele gefällig? Richten wir unseren Blick auf die Guerilleros. Die marxistischen Guerilleros auf Kuba kämpften in den 1950ern für eine bessere Gesellschaft, für die Umverteilung von Reichtümern und gegen ihr Feinbild, den Kapitalisten.

Der pure Glaube also an eine bestimmte Sache, dies im Verbund mit der vermeintlichen Erkenntnis, wonach man die Zustände nicht ändern kann ohne zu töten, ließ gewöhnliche Bauernjungen zu Bestien werden. Ähnlich war es in Kambodscha unter Pol Pot, wo Mitte der 1970er Jahre ganz gewöhnliche Jugendliche für die Schaffung eines primitiven Agrarstaats zu blutrünstigen Barbaren wurden und Millionen ihrer Landsleute ermordeten.

Bei den bestehenden Weltordnungen ist es weniger das Revolutionäre, das die Menschen zum Killer mutieren lässt, sondern der Glaube an terroristische Bedrohungen und an die Überlegenheit des eigenen Systems. Kein Soldat würde für Erdöl in den Krieg ziehen. Es muss ein unfehlbarer Glaube an die Überzeugung vorhanden sein, für die man kämpft bis hin zur Selbstaufgabe. Der Mensch ordnet dieser Überzeugung, verbunden mit dem Bedrohungsszenario, sein Leben unter und tötet im Moment des Kampfes aus der Überzeugung heraus, dies für eine bessere und sichere Welt zu tun.

Sie kaufen mir das nicht ab? Dann gehen sie mal zurück in die Zeit der Kreuzzüge, ins Mittelalter also, wo gewöhnliche Männer zu Mördern wurden, weil ihnen der Glaube an das Christentum so stark inne wohnte, das sie Teil der Überzeugung wurden, man müsse das heilige Land zurückerobern.

Damals war es der Glaube an Gott. Und da ist es hier und jetzt auch völlig egal, dass es ein geheuchelter Glaube gewesen war. Heute wiederum ist es der Glaube an die Werteordnung unserer Gesellschaft, wobei dabei allerdings kaum jemand in der Lage ist, die Begrifflichkeit Werte überhaupt zu definieren. Was sind denn schon Werte? Wer heute über Werte schwafelt, bezieht sich auf Küchenphilosophen wie David Precht. Und auch wenn es sich unerhört anhören könnte, dass kein Gott die Opfer der Menschheit gefordert hat, macht es das deswegen jedoch leicht zu morden.

Während also der kleine Mann oder aber die kleine Frau aus festem Glauben an eine irgendeine Überzeugung heraus menschliche Seelen auslöscht, wird er oder sie dabei auch noch von den Befehlshabern irgendeiner Illusion geopfert. Der Illusion, das es tatsächlich schwarz und weiß gäbe. Es gibt aber nur grau. Gut und böse existieren in uns, und wir selbst haben die Wahl, zu entscheiden und abzuwägen, was am Ende überwiegt, ob gut oder böse. Ob wir also zur Waffe greifen oder nicht.