Digitale Dokumentenarchive stehen dem manuellen abheften im Ordner weit hinterher

Äußerst zurückhaltend sind Verbraucher bei der digitalen Speicherung von persönlichen Dokumenten. Sie vertrauen nach wie vor dem Papier als Informationsträger. Selbst im Business-Bereich ist das seit Jahren propagierte „papierlose Büro“ längst noch nicht tägliche Praxis.

Vorteile der digitalen Speicherung wenig überzeugend

Die Akzeptanz von digitalen Dokumentenarchiven liegt im Privatbereich bei gerade einmal weniger als zwei von zehn Bundesbürgern. Dagegen vertrauen 82 Prozent auf die vertraute Ablage im Ordner, der im Regal steht und den man ohne technischen Aufwand zur Hand nehmen kann. Dieses Ergebnis zeigt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands BIT KOM. Hauptvorstand Andreas Nowottka interpretiert diese Erkenntnis realistisch: „Die meisten Verbraucher sind noch skeptisch“. Kein Wunder, denn bei der Befragung stellte sich heraus, dass im Durchschnitt in jedem Haushalt sogar sieben Ordner für die Aufbewahrung wichtiger Unterlagen notwendig sind.

Urkunden, Verträge, Zeugnisse, Kraftfahrzeugbrief, Renten- und Steuerunterlagen sind zu wichtig als dass man sie einer „digitalen Cloud“, also einem Server im „digitalen Irgendwo“ anvertrauen würde. Sicher: bei einem Wohnungseinbruch oder einem Zimmerbrand könnten die wertvollen Dokumente aus Papier zerstört werden, wie die Verfechter der digitalen Welt immer wieder betonen. Allerdings können auch sie nicht verhindern, dass durch Datenmissbrauch und unberechtigten Zugriff Schäden entstehen könnten, die über die Vernichtung von Unterlagen weit hinausgehen – auch wenn man nicht unbedingt gleich an die Ausforschung privater Geheimnisse denken muss.

Aufwand für digitale Archivierung ist zu groß

Dazu kommt, dass der technische Aufwand für Privathaushalte bei der elektronischen Verarbeiten von Unterlagen nicht gering geschätzt werden darf. So ergab die BIT KOM-Umfrage, dass häufig geeignete Scanner nicht vorhanden sind und zudem mangelt es meist an den technischen Kenntnissen. Dabei ist es mit dem Einscannen nicht getan. Die elektronisch gespeicherten Dokumente müssen auch verwaltet und systematisch archiviert werden, damit sie leicht auffindbar sind, wenn sie benötigt werden. Keinen Vorteil in der digitalen Aufbereitung sehen daher 47 Prozent der Befragten und fast genau so vielen ist der Aufwand dafür zu groß.

Auch im Business-Bereich gibt es Vorbehalte

Die Akzeptanz der Digitalisierung leidet nicht nur bei privaten Haushalten. Auch im Business-Bereich ist die vor wenigen Jahren stark ausgeprägte Euphorie über das „papierlose Büro“ längst verflogen. Während die Kommunikation über E-Mail, Facebook und Co. weitgehend elektronisch abgewickelt wird, hinkt die systematische Archivierung weit hinterher. Ein verlässlicher Workflow ist nur selten implementiert. Viele E-Mails werden erst ausgedruckt, bevor sie gelesen werden. Wichtige Infos werden wie seit eh und je abgeheftet – und zwar nicht nur für die Handakten, sondern auch als Schriftwechsel in die Sachakten. Solange der „Medienbruch“ nicht überwunden ist und wichtige Unterlagen nur in Papierform existieren, die erst gescannt und entsprechend aufbereitet werden müssen, wird sich die „analoge Ablage“ in Aktenordnern behaupten.

Auch Versuche von öffentlichen Verwaltungen, ihre Sitzuungsprotokolle, Beschlussvorlagen und sonstige Dokumente elektronisch zu verwalten, stecken noch in der Kinderschuhen. So hat zwar beispielsweise die Stadt Celle im vergangenen Jahr beschlossen, den Ratsmitgliedern sämtliche Sitzungsunterlagen elektronisch zu liefern. Beim dickleibigen Zahlenwerk des Haushaltsplans scheiterte dies jedoch. Jetzt wurde er wieder wie früher in Papierform produziert mit Druckkosten im vierstelligen Bereich. Auch die Münchner Flughafenverwaltung war wenig erfolgreich bei ihren Bemühungen, den Ausdruck von E-Mails zu reduzieren. Nach einem eindringlichen Appell ging der jährliche Papierverbrauch von früher 2600 Blatt je Mitarbeiter um gerade einmal 300 Blatt zurück. Zahlreiche Ausdrucke dürften zwar bald im Papierkorb landen, viele werden zum schnellen Nachschlagen jedoch im Ordner abgeheftet.