Die Killerpilze im Interview: „Wir stehen zu unserer Geschichte!“

Zwei Jahre waren die Killerpilze von der Bildfläche verschwunden. Nach der Trennung vom ehemaligen Label Universal mussten Sänger Jo, Gitarrist Mäx und Drummer Fabian sich zunächst mal “aus dem Loch befreien”. Ihr drittes Album Lautonom, komplett in Eigenregie geschrieben, aufgenommen und vermarktet, zeigt, dass die kleinen Jungs von einst erwachsen geworden sind. Inforand traf die Donau-Schwaben vor ihrem Auftritt im Postbahnhof Berlin zum Interview und sprach mit ihnen über das neue Album , die Vor- und Nachteile des Internets und Menschen, die sich auf RTL an den Sorgen von Hartz-IV-Familien aufgeilen.

Inforand: Ihr seid jetzt seit Ende März auf Tour. Wie lief es bisher?
Mäx: Nur geil! Die Fans sind gut drauf, es kommen auch mehr Jungs zu unseren Konzerten und es geht total ab!
Jo:
Es macht einfach Sau-Spaß. Eigentlich machen wir die Musik und die Platten ja nur, um auf der Bühne zu stehen.

Die Killerpilze: Fabian, Jo, Mäx (v.l.n.r.) Quelle: Inforand.de

Hattet ihr ein bisschen Angst, ob nach Eurer zweijährigen Pause überhaupt noch Leute kommen?
Fabian: Angst vielleicht nicht, aber wir waren gespannt, ob sie kommen, was sich im Publikum getan hat und wie sich unsere neue CD auf unsere Fans überträgt. Wir haben uns ja auch verändert, haben mit der eigenen Plattenfirma einen großen Schritt gewagt. Unsere schönsten Hoffnungen scheinen sich zu erfüllen, langfristig kann da was Tolles draus werden.

Was hat sich denn genau verändert für Euch, seit ihr ein eigenes Label habt?
Jo: Ganz viel. Wir waren damals schon überrascht, als Universal keine dritte Platte mehr mit uns machen wollte. 180.000 verkaufte Exemplare fanden wir eigentlich recht viel. Aus diesem Loch mussten wir uns erst einmal befreien. Wir haben dann viele Songs geschrieben und sind relativ schnell zu dem Schluss gekommen, dass wir ein eigenes Label gründen wollen. So ist es am Besten für die Band, die wir jetzt behutsam und langsam wieder aufbauen können. Es ist total viel Arbeit, seit fünf Monaten sind wir ununterbrochen am Rotieren. Aber es macht natürlich auch mega viel Spaß.
Mäx: Am schönsten ist diese kreative Freiheit in allen Bereichen. Wir haben zwar auch früher immer unsere Musik und die Texte zu Hundert Prozent selbst geschrieben, aber jetzt entscheiden wir wirklich bei Allem mit. Das sieht man ja auch an der Kampagne. “Lautonom”, “Lautobahn”, “Loutfits für Alle”, da lassen wir uns schon kreativ aus (lacht).

„Die Leute müssten mal ihre Schubladen aufmachen und ein bisschen nachdenken!“

Habt ihr ein Lieblingslied auf dem Album?
Mäx: Schwer zu sagen. Wir haben uns wirklich anderthalb Jahre Zeit genommen, um aus 50 Demos die 13 besten Songs auszuwählen. Das sind wirklich nur die Sahnestücke und in jedem einzelnen Song stecken viel Herzblut und Schweiß drin. Jedes Wort haben wir nochmal umgedreht, umgeschrieben, immer wieder drüber nachgedacht. Daher lieben wir jeden Song gleich. Auf der Bühne merken wir jetzt, dass die Leute bei dem einen Song total abgehen, bei dem anderen die Texte superlaut mitsingen. Deswegen hat jeder Song für sich sein kleines besonderes Merkmal.

In Eurem Song “Denken” übt Ihr Kritik an der Gleichgültigkeit der Gesellschaft. Glaubt ihr, dass das etwas ist, was vor allem in Eurer Altersgruppe besonders vertreten ist?
Jo: Ja, zum einen schon, aber ich würde da auch noch weitergehen. Es gibt schon ziemlich viele Menschen, die so drauf sind, teilweise auch deutlich älter als wir. Es ist diese Generation von Internetleuten, die sich nur noch daran aufgeilen, RTL-Sendungen am Nachmittag anzuschauen, in denen Hartz-IV-Familien gezeigt werden. So entsteht ein Nährboden, um sich zu sagen, ‚Ach, ist mir doch alles scheißegal. Ich mache mir keine Gedanken darüber.‘
Mäx:
(zitiert lachend den Song-Text): „Die machen das doch gut!“
Fabian: Eigentlich kann man es auch an uns sehr gut sehen. Oder zumindest an vielen Menschen in Deutschland, die uns gegenüber krasse Vorurteile haben. Sie würden sich nie trauen, auf ein Konzert von uns zu gehen, weil sie sagen, wir seien voll der Teenie-Act, obwohl ich denke, dass wir da schon raus gewachsen sind. Da müssten die Leute auch mal ihre Schubladen aufmachen, ein bisschen nachdenken und sich anhören, was sich alles verändert hat. Viele fühlen sich aber leider bestätigt, wenn in der Zeitung über die Platte was Schlechtes steht. Und dann heißt es: ‚Ja, die fand ich immer schon scheiße!‘.

„Andere Bands haben auch Scheiß-Namen!“

Fabian und Jo von den Killerpilzen. Quelle: Inforand/mbl

Ihr habt ja auch nicht den einfachen Weg gewählt. Ihr hättet zum Beispiel den Namen „Killerpilze“ kicken können…
Mäx: Ich glaube gar nicht, dass das der einfache Weg gewesen wäre, denn dann fängst du natürlich auch wieder von Null an und niemand kennt dich.
Jo: Aber viele Leute sprechen uns in der letzten Zeit darauf an, dass wir mit einem Namenswechsel automatisch ein anderes Publikum erreichen könnten, da der Name Killerpilze ja auch vorbelastet sei. Aber es ist doch eine Frage der Identität. Wir haben die Band als Killerpilze gegründet, warum sollten wir das jetzt verleugnen? Wir wollen einfach wachsen. Es gibt ja auch andere Bands, die Scheiß-Namen haben. Fettes Brot, Die Ärzte oder die Toten Hosen. Die haben alle nicht so tolle Namen und sind trotzdem die geilsten Bands, die es gibt. Warum sollte man sich von so etwas einschränken lassen? Wer aufgrund des Namens eine Band scheiße findet, den wollen wir auch nicht als Fan haben.
Mäx: Wir sollten auch zu unserer Geschichte stehen. Als es damals los ging, waren wir superjung, Fabi war erst 13, Jo und ich 16 und 17. Klar waren wir eine Teenie-Band, und so wurden wir auch gehypet. Für uns ist das im Nachhinein überhaupt kein Problem. Wir haben eben früh angefangen, aber jetzt wachsen wir da raus, das werden die Leute schon mitkriegen. Trotzdem stehen wir zu unserer Geschichte und bleiben deswegen auch die Killerpilze. Das ist ein Teil von dem, was wir bis jetzt erlebt haben.

Kommen wir mal zurück zum Fernsehen. Bleibt Euch dafür überhaupt noch Zeit?
Jo: Kaum noch, außer Sportschau und Tatort, zuhause mit meiner Mutter, das versuche ich mir beizubehalten. Aber im Moment ist echt sehr wenig Zeit fürs Fernsehen.
Fabian: Früher habe ich immer GZSZ geguckt, das war ein richtiges Ritual.
Mäx:
Jetzt holt man sich eher mal ne coole Staffel von Two and a half men oder so, die man sich dann zum Beispiel im Bus mal reinzieht. Wir sind dann doch eher die Internet-Typen.

Mäx sprach über die Schattenseiten des Internets. Quelle: Inforand/mbl

Das Beste am Internet ist…?
Jo: Dass wir da unmittelbaren Kontakt mit unseren Fans haben können!
Mäx: Vor allem als Band ist es echt cool. Die Leute können direkt fragen und Du kannst sofort antworten. Der Jo macht das ja mehr oder weniger hauptberuflich, den Fans auf ihre Fragen zu antworten.
Jo: 50 000 Menschen mit einem Klick zu erreichen, das ist Luxus! 50 000 Briefe zu schreiben und Briefmarken draufzukleben würde wahrscheinlich etwas länger dauern. Für uns ist es wichtig, eine Beziehung mit den Fans aufzubauen. Wir sehen uns als eine große Familie. Wir posten zum Beispiel jetzt jeden Tag ein Tour-Tagebuch auf Youtube. Das ist etwas exklusives und eigentlich auch luxuriöses für die Fans. Dass man sich das Erlebte bereits unmittelbar danach im Internet anschauen kann, ist sowohl für uns als auch für unsere Fans geil. Und das versuchen wir immer weiter auszubauen.
Mäx: Aber es hat natürlich auch seine Schattenseiten, es wird oberflächlicher, da muss man vorsichtig sein. Plötzlich hat man 50 000 Freunde, so bezeichnet man die dann auch.

„Da hat sich einer Vollgas für mich ausgegeben!“

Habt ihr dadurch auch schon mal was weniger Schönes mit dem Internet erlebt?
Mäx: Die Hemmschwelle sinkt! Es gab es schon mal Mädels, die geschrieben haben: ‚Es ist wunderschön, Dich als Freund zu haben, wir telefonieren dann später mal‘ und so. Und auch wenn man eine Band scheiße findet, dann schreibt man halt: ‚Hey, Ihr seid Arschlöcher!‘ und versteckt sich hinter seinem Account. Aber ich wette, das würde uns keiner ins Gesicht sagen, das ist das Problem.
Jo: Leider gibt es auch viele Fake-Profile. Ich werde voll oft gefragt: ‚Bist Du eigentlich bei SchülerVZ?‘ oder in einem anderen Network. Wenn ich dann sage ‚Nö, bin ich nicht‘, dann heißt es ‚Was? Aber ich hab doch mit Dir da ewig geschrieben! Du warst so nett zu mir!‘
Mäx: Ich krieg manchmal Briefe nach Hause, wo es dann heißt: ‚Hey, wann telefonieren wir das nächste Mal?‘ Und ich denke mir ‚Hä? Da hat sich jetzt wirklich einer hingesetzt, ne Stunde mit jemand Wildfremdem telefoniert und sich Vollgas als ich ausgegeben!‘ Wie krass ist das denn? Glaubt uns, wir sind nirgendwo als Band, außer bei facebook.com/killerpilze.
Jo: Aber manche sind einfach unbelehrbar, die wollen glauben, dass wir das sind!

Für wen schwärmt ihr denn eigentlich? (Allgemeine Ratlosigkeit, dann…)
Jo und Mäx: Megan Fox!!!!
Fabian: Wollt ich auch gerade sagen!

Würdet ihr Megan Fox auch mal auf ihrem Facebook-Profil anschreiben?
Mäx: Nein, ich bin einfach zu sehr in der Materie drin, um zu wissen, dass das ein Kampf gegen Windmühlen wäre und komplett hirnrissig.
Jo: Da ist die Chance, sie in L.A. zu treffen, größer, als auf Facebook eine Antwort zu kriegen!

Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft?
Jo: Dass die Band gesund wächst und die Fan-Crowd gesund mit sich wachsen lässt. Und dass wir irgendwann da sind, wo viele unserer Band-Vorbilder jetzt sind! Wir wünschen uns natürlich Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Wir werden jetzt unser Ding machen…
Mäx:
…und ziehen das Schritt für Schritt durch!

Vielen lieben Dank für das Gespräch und ganz viel Spaß beim Konzert!

Interview: Angelika Vollmer