Testspiel: Deutschland vs. Polen – Siegen Poldi und Klose in ihrem „Heimspiel“?

Nach der erfolgreichen EM-Qualifikation will Bundestrainer Joachim Löw die Nationalelf beim Länderspiel in Polen auf sieben Positionen verändern. BVB-Jungstar Mario Götze steht als Spielmacher in der Startelf.

Doch das Testspiel ist für zwei Deutsche wohl ein ganz besonderes:

Lukas Podolski begrüßt seine Fans international: „Willkommen! Welcome! Witam!“, leuchtet es auf der Homepage, in deutsch, englisch und polnisch. „110 % szczerego serca online. Lukas Podolski, gracz z przekonania na boisku poza nim“, heißt es da: „110 Prozent ehrliche Haut online. Lukas Podolski, Überzeugungstäter auf dem Platz und neben dem Platz.“ Die Seite funktioniert auch mit .pl am Ende – so viel Heimatverbundenheit muss sein bei Podolski, der als Lukasz Josef auf die Welt kam. Bei Miroslaw Marian Kloze sähe das kaum anders aus, doch seine Website wird gerade überarbeitet.

Wenn die deutsche Nationalmannschaft heute (20.45 Uhr, ZDF) auf Polens Auswahl trifft, ist das nicht nur ihr erstes Gastspiel in Danzig, sondern für die zwei erfolgreichsten DFB-Torjäger der Neuzeit auch das so genannte „besondere Spiel“. Podolski und Klose sind in Polen geboren, in Schlesien, gar nicht weit voneinander entfernt. Auch ihre Lebenswege sind recht ähnlich verlaufen.
Beide Mütter: Handballnationalspielerinnen. Beide Väter: Profi-Fußballer. Waldemar Podolski spielte Ende der 70er im Mittelfeld des Erstligisten TS Szombierki Bytom, wechselte in die 2. Liga, wurde Dritter der Torschützenliste. Josef Klose begann in den 60ern als Stürmer bei Energetyk Slawiecice, wechselte 1978 zu AJ Auxerre und ließ beim Viertligisten FC Châlons-sur-Saône die Karriere ausklingen.

Podolski war zwei, als seine Eltern in Bergheim bei Köln eine neue Heimat fanden, die Kloses landeten im pfälzischen Kusel, als Mirek acht war, was ihm in der Schule eine Rückversetzung von der vierten in die zweite Klasse bescherte – wegen mangelnder Deutschkenntnisse. Als Kinder schlesischer Spätaussiedler hatten beide Anspruch auf einen deutschen Pass, da die Großeltern vor dem Zweiten Weltkrieg Reichsbürger waren. Podolski entschied sich mit 15 für das deutsche Trikot, Klose mit 18. Im Januar 2001 war Polens Nationaltrainer in die Pfalz gereist, um den Stürmer zu überreden, für Polen zu spielen – vergebens.

Die Bindung zur Heimat ist gelieben, bei Podolski mehr als bei Klose. Während der Neu-Römer seit fünf Jahren nicht mehr daheim in Opole war, besucht der „Köllsche Prinz“ regelmäßig die Oma in Gliwice, lässt sich bekochen und freut sich über polnischen HipHop. Nach der standesamtlichen Trauung in Köln gab er Freundin Monika Puchalski am 11. Juni im Dörfchen Kamionna bei Warschau das Ja-Wort. Ihre Vorzüge? „Sie kommt aus Polen – wie ich.“ Die Glückwunsch-SMS nach Toren schreibt sie ihm auf Polnisch. Kollege Klose heiratete vor acht Jahren seine Sylwia – eine Polin, logisch.

Beide werden sich noch mehr auf das Spiel freuen als Joachim Löw, der seinen 50. Sieg als Bundestrainer feiern könnte. Noch keine der bislang 16 Partien in den letzten 78 Jahren hat die DFB-Elf verloren. Polen-Coach Franciszek Smuda meinte: „Ich habe mein ganzes Leben auf dieses Spiel gewartet. Ich werde um den Sieg kämpfen.“ Doch dass Klose und Podolski ihre Tor-Statistiken ausbauen wollen, versteht sich von selbst. Bleibt zu hofffen, dass die „Liga polnischer Familien“ nicht wieder auf die Idee kommt, ihm die Staatsbürgerschaft zu entziehen. So geschehen, als Podolski bei der EM 2008 zwei Treffer gegen sein Heimatland erzielt hatte. Podolski nahm’s gelassen: Er besitzt keinen polnischen Pass.

Letzte Details zum Spiel: Tim Wiese steht im DFB-Tor und vertritt Manuel Neuer. Der Bayern-Keeper trat die Reise von Düsseldorf nach Danzig ebenso wie sein Münchener Teamkollege Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil erst gar nicht an. In der Abwehrreihe behält nur Philipp Lahm seinen Platz auf der linken Seite. Auf den drei weiteren Positionen in der Viererkette nimmt Löw Änderungen vor. Christian Träsch verteidigt rechts. Die Innenverteidigung bilden Per Mertesacker und Jerome Boateng. Rolfes erhält im defensiven Mittelfeld neben Toni Kroos eine Bewährungschance. Mario Götze ersetzt Spielmacher Özil in der Offensivreihe. Andre Schürrle beginnt auf der rechten Seite. Links spielt Lukas Podolski. Miroslav Klose läuft als einzige Sturmspitze auf. Der Einsatz von Benedikt Höwedes ist noch fraglich. Löw musste den Schalker gegen Österreich zur Pause wegen Adduktorenproblemen auswechseln. Seitdem kann der Verteidiger nur eingeschränkt trainieren.

Im polnischem Team kommen vom Meister Borussia Dortmund Jakub Blaszczykowski und Robert Lewandowski zum Einsatz. „Kuba“ führt die Mannschaft des EM-Gastgebers als Kapitän auf den Rasen, sein BVB-Teamkollege beginnt im Sturm. Dortmunds Lukasz Piszczek ist wegen seiner Beteiligung an einer Spielmanipulation für das Nationalteam mit einer Sperre von sechs Monaten belegt. Der Fall ist noch nicht ausgestanden, die Juristen streiten über einen von Hardlinern geforderten weltweiten Ausschluss. Piszczek will heute in seinem Wohnort Lünen einen polnischen Fernsehkanal einschalten und zuschauen.

Die Mannschaftsaufstellungen:

Polen: Szczesny – Wasilewski, Perquis, Glowacki, Wawrzyniak – Murawski, Dudka – Blaszczykowski, Obraniak, Mierzejewski – Lewandowski. – Trainer: Smuda

Deutschland: Wiese – Träsch, Mertesacker, Boateng, Lahm – Rolfes – Schürrle, Götze, Kroos, Podolski – Klose.

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