Bobby McFerrin – “The Voice” bringt neues Album “VOCAbuLaries”

Aus gutem Grund: Der legendäre Bobby McFerrin ist so populär wie einzigartig. Wenn der eben 60-jährige Ausnahme-Vokalist eine Bühne betritt, fasziniert er sein Publikum nicht nur, er involviert es aktiv in seine Improvisationen. „Musik zu hören ist etwas anderes, als sie selbst zu singen“, sagt er, mit dem weisen Blick des Altmeisters in den lachenden Augen eines kleinen Jungen. „Dadurch, dass man an der Aufführung teilhat, versteht man die Musik besser.“ Mit VOCAbuLarieS beweist sich The Voice erneut auch im Studio als Grenzen-Sprenger und Neulandentdecker. Selbst für einen Künstler wie ihn, der schon mit Yo-Yo Ma, Chick Corea oder Herbie Hancock für Überraschungen sorgte, ist dieses Werk ein Novum. Seit sieben Jahren in Produktion, ist es McFerrins Antwort auf die Frage nach einer „klassischen Moderne“. Den Anstoß für „seine persönliche Klangwelt für das 21. Jahrhundert“ gab seine Managerin und Produzentin. „Ich erlebte mit, wie Bobby auf der einen Seite die Wiener Philharmoniker dirigierte, dann mit Mehrspuraufnahmen experimentierte, mit seinem zwölfstimmigen Gesangsimprovisationsensemble Voicestra auf Tour ging und dann wieder seine abenteuerliche Solo-Show aufführte“, erklärt Linda Goldstein. „Ich dachte, es müsste möglich sein, einen Ort zu finden, an dem all diese Wege zusammenlaufen.“ Sie engagierte den klassisch ausgebildeten Komponisten, Arrangeur und Sänger Roger Treece, der sich durch ein paar hundert Stunden Live-Aufnahmen von Bobby McFerrin hörte, um Ideen zu sammeln und zu bündeln.

Anschließend schrieb und produzierte Treece sieben Jahre lang die Musik von VOCAbuLarieS, „sieben durchkomponierte Stücke mit Groove“. Treece nahm allerdings nicht nur den Leader auf, sondern auch eine ganze Armada befreundeter Sänger und Musiker. Das Ergebnis, die sieben Songs von VOCAbuLarieS, funktionieren zum Glück nicht nur auf einer bewundernswerten Ebene zwischen Chor-Artistik und Art-Musik, sondern auch als fröhlich entspannter Hörgenuss. Man muss nicht wissen, dass hier in fünfzehn Sprachen plus einem höchst eigenen „McFerrinsch“ gesungen wird. Man muss die Harmonien, Rhythmen und Melodien aus Treeces Feder und McFerrins Mund nicht verstehen. Vor allem sollte man sich auf diese choralen Vielfältigkeiten einlassen, ganz genau hinhören. Und im nächsten Moment einfach nur die Musik wirken lassen. Vom krabbelnden „Baby“ über das quirlige „Say Ladeo“, irgendwo zwischen Doo Wop und Brasilien, über die afrikanischen Erinnerungen in „The Garden“ bis zum sakralen Orchesterwerk „Brief Eternity“. „Musik ist heute so allgegenwärtig und verfügbar, dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen“, meint Bobby McFerrin. „Es hilft, wenn wir wieder lernen, die Augen zu schließen, ruhig zu werden und uns bewusst zu sein, dass uns das, was wir gerade hören, so noch nie begegnet ist.“ Es hilft außerdem, wenn man sich immer wieder vergegenwärtigt: The World has many singers.