Es war eine Nacht der Spitzenreiter. Eine Nacht der Freudentränen. Eine Nacht, in der die Filmgeschichte in ein neues Kapitel überging. Mit einem Feuerwerk der Gags wurde am 7. März 2010 die 82. Verleihung der Academy Awards im Herzen Hollywoods abgehalten.
Während Steven Gätjen für Pro Sieben noch halbwegs unbeholfen versuchte, sich am roten Teppich an ahnungslose Schauspieler heranzuschleimen (arme Maggie Gyllenhaal), wurden bei der ABC die wirklich wichtigen Leute vors Mikro und die Kamera gezerrt. Aufgrund des immensen Zeitdrucks sollten diese Momente allerdings nur von kurzer Dauer sein. Nach dem ersten Satz der Antwort wurde so gut wie jeder Star abgewürgt und sprichwörtlich im Regen stehen gelassen. Sogar das Ausatmen wurde ausgeblendet. Zum Glück sind wir hier unter Schauspielern, da gehört das perfekte Pokerface zum Standardrepertoire.
Und nach einer kurzen Lockerungsübung durch die Performance von Steve Martin und Alec Baldwin ging es auch schon an die erste Preisvergabe. Sein Pokerface beibehalten konnte unser aller Lieblingsösterreicher Christoph Waltz natürlich nicht. Er eröffnete den Oscar-Reigen mit der Entgegennahme des goldenen Männchens für seine Leistung als Obernazi Hans Lander in Inglourious Basterds und enttäuschte so die Mehrheit der Deutschen, die laut Umfrage an seinen Sieg geglaubt hatten, nicht. So stolz waren wir zuletzt, als Udo Jürgens für Österreich den Eurovision Song Contest gewonnen hat.
Als es zur Ehrung für die beste Regie kam und Barbra Streisand den Umschlag öffnete, blieb ihr nur ein Satz und alles war klar. „Die Zeit ist gekommen.“ Die Menge jubelte. Und Kathryn Bigelow erhob sich und konnte es kaum fassen. Sie ist die erste Regisseurin mit einer Oscar-Auszeichnung. Genügsam plätscherte ihr Film The Hurt Locker neben dem Marketing-Tsunami für den Cameronschen Umsatzhit Avatar dahin und nun, mit dem Goldmann für die Regie in den Händen, konnte sie eigentlich direkt auf der Bühne stehen bleiben, denn The Hurt Locker wurde im Anschluss noch als bester Film gekürt. Doppelsieg gegen Ex-Mann James Cameron, der ganz Gentleman natürlich einer der ersten Gratulanten sein durfte.
Einen Doppelsieg verzeichnen konnte außerdem Sandra Bullock, wenn auch einen der etwas anderen Art. Nachdem sie erst gestern für ihre zweifelhafte Darstellung in Verrückt nach Steve mit dem Anti-Preis „Goldene Himbeere“ bedacht worden war, darf sie schon heute den Oscar als Beste Hauptdarstellerin für The Blind Side ihr Eigen nennen. Ihr männliches Pendant auf dem Oscar-Abschlussball wird von Jeff Bridges verkörpert, der in seiner Rolle als gealterter Countrystar in Crazy Heart brillierte.
Während Brad Pitt und Angelina Jolie die Verleihung dieses Jahr mal ausfallen ließen (vielleicht mangels einer Kategorie „Beste Hauptdarsteller in einem Ehedrama“), kam Meryl Streep tapfer, um ihren Rekord der meisten Nominierungen (und damit leider auch Niederlagen) zu verteidigen, und um Freunde wieder zu sehen. Kopf hoch Meryl, immerhin bekommst du von Sandra Bullock den Kuss-Oscar.
Von: Steffi Böhm und Angelika Vollmer
Die Gewinner im Überblick:
Bester Film:
The Hurt Locker (2008): Kathryn Bigelow, Mark Boal, Nicolas Chartier, Greg Shapiro
Bester Hauptdarsteller:
Jeff Bridges / Crazy Heart (2009)
Beste Hauptdarstellerin:
Sandra Bullock / The Blind Side (2009)
Bester Nebendarsteller:
Christoph Waltz / Inglourious Basterds (2009)
Beste Nebendarstellerin:
Mo’Nique / Precious: Based on the Novel Push by Sapphire (2009)
Beste Regie:
Kathryn Bigelow for The Hurt Locker (2008)
Bestes Drehbuch:
The Hurt Locker (2008): Mark Boal
Bestes adaptiertes Drehbuch:
Precious: Based on the Novel Push by Sapphire (2009): Geoffrey Fletcher
Beste Kameraführung:
Avatar (2009): Mauro Fiore
Bester Editor:
The Hurt Locker (2008): Bob Murawski, Chris Innis
Beste Ausstattung:
Avatar (2009): Rick Carter, Robert Stromberg, Kim Sinclair
Bestes Kostümdesign:
The Young Victoria (2009): Sandy Powell
Bestes Make-Up:
Star Trek (2009): Barney Burman, Mindy Hall, Joel Harlow
Beste Filmmusik:
Up (2009): Michael Giacchino
Bester Filmsong:
Crazy Heart (2009): T-Bone Burnett, Ryan Bingham(„The Weary Kind“)
Bester Sound-Mix:
The Hurt Locker (2008): Paul N.J. Ottosson, Ray Beckett
Beste Soundbearbeitung:
The Hurt Locker (2008): Paul N.J. Ottosson
Beste Visuelle Effekte:
Avatar (2009): Joe Letteri, Stephen Rosenbaum, Richard Baneham, Andy Jones
Bester Animationsfilm:
Up (2009): Pete Docter
Bester Fremdsprachiger Film:
El secreto de sus ojos (2009) (Argentina)
Bester Dokumentarfilm:
The Cove (2009): Louie Psihoyos, Fisher Stevens
Bester Dokumentar-Kurzfilm:
Music by Prudence (2010): Roger Ross Williams, Elinor Burkett
Bester Animations-Kurzfilm:
Logorama (2009): Nicolas Schmerkin
Bester Kurzfilm:
The New Tenants (2009): Joachim Back, Tivi Magnusson